Schulschriften und ihre Erschließung in Bibliotheken
Die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt hat im 95. Band ihrer Reihe „Schriften zum Bibliotheks- und Büchereiwesen in Sachsen-Anhalt“ im April 2013 den Titel „Schulschriften und ihre Erschließung in Bibliotheken" herausgegeben.
Die Arbeit entstand im Rahmen einer Masterarbeit an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Fakultät Medien im Studiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft vorgelegt von Katrin Wieckhorst.
Schulschriften werden zurzeit als „verborgene Schätze“ im Bestand von Bibliotheken wiederentdeckt. Diese Literaturgattung existierte seit dem 18. Jahrhundert und fand mit dem Verlauf des zweiten Weltkrieges ihr Ende. Oftmals verwechselt mit dem themennahen Bereich der Schulbücher stellt sie für die wissenschaftliche Fachwelt eine wichtige Quelle dar, welche zusehends an Bedeutung gewinnt. Durch ihren Aufbau bestehend aus einer zeitschriftenartigen Reihe und einem Aufsatz stellen die Schulschriften Bibliothekare seit ihrem Bestehen vor das Problem einer sachgerechten Erschließung.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Schulschriften als Grundlage zur Forschung für Schulhistoriker, aber auch für Sozialforscher durchaus von Nutzen sein können. Aber auch für weitere verwandte Forschungsgebiete können diese Schriften neue Erkenntnisse bringen. Das bisher noch nicht ausgewertete „Rohmaterial“ kann neue Forschungsimpulse geben und bereits vorhandene Thesen und Theorien untermauern. Das Potential der Schulschriften als Quelle für diese Forschungsbereiche konnte bisher noch nicht ausgeschöpft werden, da diese von den Bibliotheken nur vereinzelt erschlossen und somit für Interessierte zugänglich gemacht worden sind.
Schulschriften bilden die Grundlage zum Verständnis der pädagogischen und wissenschaftlichen Entwicklung der Schul- und Ausbildungspolitik des 19. Jahrhunderts. Nicht nur bildungsphilosophische Entwicklungen, sondern auch politisch-gesellschaftliche Themenbereiche erfuhren im Laufe der Jahrzehnte eine grundlegende Wandlung, welche die Schulschriften dokumentieren. Infolge dessen können diese heute als Basis empirischer Forschungen Bedeutung finden. So zeigen sie beispielsweise in ihren wissenschaftlichen Abhandlungen über die Regionalgeschichte größerer und kleinerer Städte oder zu einzelnen Themen aus dem Feld der Naturwissenschaften, welchen wissenschaftlichen Stand die Forschung zum jeweiligen Zeitpunkt erlangt hatte bzw. welche Entwicklung zu jenem Zeitpunkt angestrebt wurde.
Die Schulschriften wurden über den sogenannten Schulschriftentausch an alle teilnehmenden Schulen verbreitet. Aufgrund der steigenden Anzahl von publizierten Schulschriften wurden Verzeichnisse über diese erstellt. Das Teubnerverzeichnis kann hier als exemplarisches Beispiel aufgeführt werden. Schulschriften, welche nicht in diesem Verzeichnis enthalten sind, wurden oft gesondert in regionalen Verzeichnissen festgehalten.
Heute existierende umfangreiche Sammlungen von Schulschriften, wie die der Stadtbibliothek Lübeck, belegen eindrucksvoll, welchen Stellenwert diese Literaturgattung für die historische Aufarbeitung regionaler Geschichte bieten kann. Die Sammlung der Lübecker Stadtbibliothek hat beispielsweise den Schwerpunkt ihrer Schulschriften auf die deutschen Schulen des Ostseeraumes gelegt.
Die wohl breiteste Ansammlung von Literatur über Schulschriften stammt aus der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts und dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Das letztbekannte, grundlegende Standardwerk wurde 1908 von Richard Ullrich veröffentlicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Sammlungen von Schulschriften kaum Beachtung geschenkt. Folglich gab es nur vereinzelt Publikationen zu diesem Thema. Erst in den 1980er Jahren wurde das Thema Schulschriften in der Fachliteratur wieder aufgegriffen, jedoch wurden erst ab 2005 wieder vermehrt Aufsätze über diese Literaturgattung veröffentlicht.
Eine Herausforderung unserer Zeit wird die nachhaltige Erschließung der Schulschriften sein. Da es zur damaligen Zeit keine einheitlichen Regelungen gab, ist die Erschließung dieser Werke in den einzelnen Bibliotheken individuell erfolgt. Das erste allgemeinverbindliche Regelwerk, das sich auch mit der Erschließung von Schulschriften befasste, waren die Preußischen Instruktionen.
Da die Entwicklung heute gerade auch im Onlinebereich schnell voranschreitet, ist es unablässig, dass sich auch Bibliotheken mit den sich hier bietenden Möglichkeiten auseinandersetzen. Durch das Internet werden Informationen von jedem PC zeit- und ortsungebunden zugänglich. Für die Schulschriften und ihre Präsenz im Internet sei hier die UB Gießen erwähnt. Als Bibliothek mit dem Sammlungsschwerpunkt „Schulschriften“ stellt sie Interessierten eine umfangreiche Materialsammlung und eine Datenbank mit erschlossenen Schulschriften zur Verfügung.
Die vorliegende Arbeit zeigt die Geschichte und die noch immer aktuelle Relevanz der Schulschriften für die Wissenschaft auf und erläutert die Potentiale der bisher noch ungenutzten Quellen. Es folgt neben der historischen Entwicklung der Schulschriften auch ein Blick auf die Richtlinien zur Erschließung dieser Schriften im Wandel der Zeit. Abschließend wird der Prozess der Erschließung und die Digitalisierung exemplarisch am Beispiel der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt analysiert.
Das Buch kann bezogen werden über die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt unter der folgenden Adresse:
http://bibliothek.uni-halle.de/shop/schriften/
Publikation:
Schulschriften und ihre Erschließung in Bibliotheken / Katrin Wieckhorst. - Halle (Saale) : Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, 2013, x, 113 S.- Ill.
(Schriften zum Bibliotheks- und Büchereiwesen in Sachsen-Anhalt ; 95),
ISBN 978-3-86829-568-9, Euro 12,40